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••• Vespa Recorde
Weltrekord in Montlhèry
Besonders spannend war das Weltrekordduell zwischen Vespa und ihrer Erzrivalin Lambretta. Am 24. März 1950 gelang es Piaggio erstmals, mit einer Vespa deren Zeiten zu unterbieten- in Langstrecken-Weltrekordfahrten, die auf der Montlhèry-Strecke bei Paris stattfanden.
Mit Spannung verfolgten Vertreter der Fachwelt, wie die aerodynamisch verkleidete Vespa die 2548 Meter lange Strecke in Montlhèry umrundete. Es gab hier nur zwei kurze Geraden von je 300 Meter Länge und zwei bis zu 16° ansteigende Kurven; ein recht kleines und von allen Punkten einsehbares Motodrom. Das Rennen ohne die Präsenz des Gegners, alleine gegen die Uhr, war von schlechtem Wetter begleitet - starke Windböen gefährdeten das Unternehmen. So brach man nach den ersten zwei Stunden ab und vertagte es auf den 6. und 7. April.
Immerhin waren in der kurzen Zeit sechs neue 125ccm Rekorde aufgestellt und die bestehenden Lambretta Bestleistungen übertroffen worden:
50 km 134,203 km/h (bisher: 125,802 km/h) 50 Meilen 134,573 km/h (bisher: 126,059 km/h) 100 km 134,733 km/h (bisher: 126,701 km/h) 1 Stunde 134,054 km/h (bisher: 126,080km/h) 100 Meilen 129,777 km/h (bisher: 121,353 km/h) 2 Stunden 130,974 km/h (bisher: 119,782 km/h)
Der Zweite Anlauf brachte der Vespa-Crew abermals Erfolge. Das Wetter spielte mit, die Kondition der Rekordmaschine war hervorragend. Das präzise vorbereitete Teamwork bei den Tankstops, verbunden mit Reifen- und Kerzenwechsel (darüber hinausgehende Eingriffe waren laut Reglement nicht gestattet), klappte ausgezeichnet.
Zumindest in den Ohren italienischer Motorjournalisten lang das Auspuffgeräusch der Rekord-Vespa auf der Montlhèry-Strecke fast wie die Italienische Nationalhymne. Mit Stolz konnten sie folgende neue Bestwerte vermelden: 3 Stunden 125,713 km/h (bisher: 107,314 km/h) 4 Stunden 123,376 km/h (bisher: 108,304 km/h) 5 Stunden 124,065 km/h (bisher: 107,856 km/h) 6 Stunden 124,036 km/h (bisher: 107,975 km/h) 7 Stunden 124,056 km/h (bisher: 107,821 km/h) 8 Stunden 124,274 km/h (bisher: 107,386 km/h) 9 Stunden 123,434 km/h (bisher: 107,556 km/h) 10 Stunden 123,537 km/h (bisher: 104,912 km/h) 500 km 123,463 km/h (bisher: 108,504 km/h) 500 Meilen 123,919 km/h (bisher: 107,182 km/h) 1000 km 124,304 km/h (bisher: 103,507 km/h)
Das waren eindeutige Zahlen, mit denen sich belegen ließ, zu welcher Dauerleistung die Vespa fähig war. Das Kfz-Fachblatt schrieb über den Wert eines solchen Unternehmens: "Rekordfahrten sind aufschlussreich in jeder Beziehung. Sie haben die gleichen Aufgabe wie Dauerprüfungen in der Art der 24-Stunden-Fahrt des ADAC. Sie sollen dem Werk und dem Kunden Aufschluss geben über die Möglichkeiten, die in dem Fahrzeug stecken, und können eventuell Schwächen aufdecken. Und der Wert dieser Versuche wird erhöht durch die Teilnahme der Öffentlichkeit in Form einer Technischen Kommission, welche die Einhaltung der Rekordbestimmungen überwacht und alle Vorkommnisse beobachtet. Jegliche Geheimnistuerei entfällt, jeder kann erfahren , wie sich das Fahrzeug verhält...." Äußerlich unterschied sich der 125-ccm-Rekordmotor nur wenig von einem Aggregat der Serie. Es gab eine Tiefere Kopfverrippung, ein etwas kleineres Gebläse sowie einen Dell´Orto-Rennvergaser mit 24mm Durchlass und separater Schwimmerkammer. Das bis zu 7500 Touren drehende Triebwerk war durch Ingenieur Casini, Leiter des Konstruktionsbüros, auf Hochleistung getrimmt worden. Schon 1949 hatte man die Renn-Vespa in Italien erprobt; sie war mit Vollverkleidung auch auf dem Grenzlandring und anderen deutschen Strecken unterwegs. Bei einem Werksbesuch im Jahre 1951 hatte man dem Journalisten Peter Peregrin eine Reihe getunter Rennmotoren gezeigt, über die er schrieb: " Ich stand mit Herrn Casini am Prüfstand, wo diese Wundermotoren werden... man kann nicht mehr sagen , als dass eine vorbildliche saubere Bearbeitung, eine sehr gekonnte Führung der Spülkanäle und eine rigorose Ausfüllung aller schädlichen Räume neben einem verblüffendem mechanischen Leichtlauf die einzigen Geheimnisse dieses Motors sind. Ein Flachkolbenmotor mit keinerlei Metzchen, keiner Ladepumpe keiner Einspritzung keinem Drehschieber, wenngleich man offensichtlich bei künftigen Entwicklungen auch sehr mit einem Einlass-Drehschieber liebäugelte. Kurzes Warmlaufen, dann nimmt der Motor willig gas an, wenn man den Gasschieber aufreißt. Wobei Annehmen ein viel zu zahmer Ausdruck ist der Motor brüllt kurz auf, ist im Nu auf 6000, 6500, 7000 Touren und dann bremsen wir hinter dem Getriebe mit dem Ventilator, der bei einer Drehzahl von 7500 rund 11,5 PS mißt. Eine Leistung, die ich bei der mäßigen Tourenzahl allenfalls ohne Ventilator erwartet hätte." Casini wollte mit dem Einkolben-Zweitakter an die Leistung eines Zweinockenwellenmotors herankommen und träumte von 180 km/h. Der Weg dorthin war nicht mehr weit. Casini, der nebenbei an der Universität von Pisa einen Lehrstuhl für Motorenbau innehatte, verfolgte ihn mit Konsequenz. Eine ideale Versuchsstrecke stand ihm durch das werkseigene Flugfeld in Pontedera zur Verfügung, das direkt an die Produktionsanlagen anschließt. Hier fanden ständige Probefahrten statt, bei jedem Wetter, zu jeder Tageszeit, um getunte Roller für die Scooterklasse, wie sie zum Beispiel für Rennen auf dem Circuito de Genova ausgeschrieben war, zu präparieren. In dieser Zeit bereitete man auf der Autobahn zwischen Rom und Ostia ein nicht weniger medienwirksames Spektakel vor. Zwischen den Kilometermakierungen 10 und 11 ging es am 8. Februar 1951 um den absoluten Zweirad-Geschwindigkeitsweltrekord der 125-ccm-Klasse. Glattflächig wie ein Ei sah die hierfür vorbereitete Vespa aus. Kurz vor dem Start blickte der leichtgewichtige Jockey Dino Mazzoncini noch einmal zum Himmel: Würde es Regen geben??? Die voll Aluminiumverkleidete, nur 70 cm hohe Rekord-Vespa, die den Fahrer in fast liegender Haltung umhüllte, sollte das Tempo von 180km/h ermöglichen. Nur wenige Zuschauer waren in aller Frühe gekommen, um die Leistung des Miniaturtorpedos zu erleben. Würde Mazzoncini es schaffen, den 161 km/h- Rekord vom 18.September 1949 zu brechen? Militär und Polizei hatten die Strecken gesperrt, alles bestens vorbereitet. Nur wenige Zentimeter ragte das Oberteil seines Sturzhelms aus der Fahrzeugverkleidung; eine Plexiglasscheibe im Bug erlaubte den Blick auf die Fahrbahn. nicht breiter als 40cm war sein Lenker. Ab ging die Post - und schon die 1000-Meter-Distanz mit fliegendem Start absolvierte Dino Mazzoncini mit 171 km/h. Der Motor seines Fahrzeugs drehte etwa 9000 U/min, wies aber jetzt einen Kompressor auf. Diese neue Bestmarke ließ die Innocenti-Leute nicht ruhen: Sie präparierten eine Rekord-Lambretta, deren 125ccm Motor an die 10000 Touren ging und für ein Tempo von 200 km/h taugte. Noch zwei Jahrzehnte zuvor hätte man für ein solches Tempo einen 1000ccm Motor benötigt! Neue Rekorde, am 8.August 1951 auf der Autobahn zwischen München und Ingolstadt vom Lambretta-Chefkonstrukteur   iero Torre aufgestellt, lagen nur knapp unter den Rekordmarken der 250 ccm Klasse: 1 km fliegend 201,0 km/h 1 km stehend 105,0 km/h 1 Meile fliegend 200,0 km/h 1 Meile stehend 123,0 km/h 5 Meile fliegend 183,0 km/h
Die Öffentlichkeit musste anerkennen, dass italienische Rollerhersteller etwas vom Motorenbau verstanden. Die Rekorde ergaben werbewirksame Schlagzeilen. | Circuito 1950
Entwickelt 1950 als Wettbewerbsfahrzeug für Straßenrennen.
Das Rohrgestell diente ausschließlich zum Schutz beim Transport.
Höchstgeschwindigkeit bis
| | Montlhèry 1950
Entwickelt 1950 für Langstreckenrekorde.
Motor: 2-Takt 125 ccm.
Höchstgeschwindigkeit bis über 130 Km/h.
Es wurden 17 Weltrekorde gefahren.
| | Siluro 1951
Entwickelt 1950 für Geschwindigkeitsrekorde.
Motor: 2-Takt 125 ccm 2 Zylinder Gegenläufer.
Rekord wurde aufgestellt auf der Autobahn
Rom - Ostia mit fliegendem Start - 172,164 Km/h.
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